Dermatologie und Allergie
Viele von uns Tierbesitzer*innen kennen das Problem selbst: im Frühjahr, wenn alles blüht und grünt und wir diese Zeit eigentlich gerne draußen verbringen würden, machen einigen von uns aber juckende Augen und eine laufende Nase einen Strich durch die Rechnung. Schnell liegt die Vermutung nahe: das könnte Heuschnupfen sein – die Symptome sind bekannt und können häufig auch gut eingeordnet werden.
Auch unsere Haustiere, besonders Hunde, können von allergischen Reaktionen auf diverse (Umwelt-)Reize betroffen sein, präsentieren die Symptome aber für uns Halter*innen nicht immer eindeutig. Bei den Tieren können verschiedenste Organsysteme Anzeichen für Allergien aufweisen, aber besonders häufig zeigen sich Symptome in der Haut. Als Allergen kommen eine Vielzahl von Triggern in Frage, angefangen vom Futtermittel, über Pollen, bis hin zu Parasiten (beispielsweise Milben oder Flöhe) oder auch das Waschen der Hunde- oder Katzendecke mit einem neuen Waschmittel kann eine Allergie auslösen.
Im Folgenden soll besonders auf die Haut im Hinblick auf allergische Reaktionen eingegangen werden.
Was ist eine Allergie?
Eine Allergie ist eine überschießende Reaktion des Immunsystems auf eigentlich harmlose Stoffe aus der Umwelt, sogenannte Allergene. Diese können über die Luft, das Futter oder den direkten Kontakt mit der Haut aufgenommen werden. Während manche Tiere keinerlei Probleme mit diesen Stoffen haben, entwickelt das Immunsystem allergischer Tiere eine übersteigerte Abwehrreaktion – mit unangenehmen Folgen.
Besonders wichtig für den Schutz vor Allergenen ist die Haut. Als größtes Organsystem des Körpers bildet sie eine natürliche Barriere gegen äußere Einflüsse und verhindert, dass allergieauslösende Stoffe in den Körper eindringen. Ist die Haut jedoch geschwächt – etwa durch Trockenheit, Entzündungen oder kleine Verletzungen – können Allergene leichter eindringen und das Immunsystem aktivieren.
Typische Anzeichen einer allergischen Reaktion der Haut
Wie eingangs beschrieben äußern sich Allergien bei Tieren häufig über die Haut. Besonders auffällig ist dabei der Juckreiz, der das Tier erheblich beeinträchtigen kann. Folgende Symptome sind für allergische Hautreaktionen charakteristisch:
Bei einer allergischen Reaktion schüttet das Immunsystem sogenannte Entzündungsbotenstoffe aus, allen voran Histamin. Diese Stoffe reizen die Nervenenden in der Haut – das Tier empfindet ein starkes Jucken und versucht, sich durch Kratzen, Lecken oder Beißen Linderung zu verschaffen. Besonders betroffen sind in der Regel Pfoten, Ohren, Bauch und Achsel- oder Flankenbereich. Manche Tiere reiben sich auch am Teppich oder an Möbeln, um den Juckreiz zu lindern. Dies führt zu einer allgemeinen Unruhe und die Tiere geraten in eine Art Teufelskreis: sie bearbeiten den Juckreiz mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und vergrößern die betroffenen Hautstellen dabei unbewusst immer weiter.
Durch das ständige Kratzen wird die Haut gereizt, gerötet und kann sich entzünden. Unbehandelt können bakterielle Infektionen entstehen, die die Beschwerden weiter verschlimmern. Diese Hautstellen beginnen meist sehr klein, können sich aber durch die Manipulation der Tiere rasch vergrößern und mit der Größenzunahme steigt auch der Leidensdruck. Wir Tierärzt*innen sprechen in einem solchen Fall gerne von einem sogenannten „Hotspot“ – den Begriff haben Sie eventuell bei einem Tierärzt*innen-Besuch schon einmal gehört.
Dauerhaftes Kratzen oder Lecken führt dazu, dass Bereiche im Fell ausdünnen oder sogar komplett ausfallen können. Besonders häufig betroffen sind Bereiche um die Augen, an den Pfoten oder am Bauch. Haarausfall muss allerdings von Haarbruch unterschieden werden und erfordert einen geübten Blick.
Bei manchen Tieren führt eine Allergie dazu, dass die Haut trocken und schuppig wird. Dies kann den Juckreiz zusätzlich verstärken und zu Einrissen in der Haut führen. Dies kann die Hautbarriere irritieren und Allergene können diese somit einfacher durchdringen.
Zu dem Organsystem „Haut“ gehören auch die Ohren. Einige Tiere mit Hautallergien entwickeln immer wieder Ohrentzündungen. Häufige Anzeichen sind Kopfschütteln, Kratzen an den Ohren und unangenehmer Geruch aus dem Gehörgang. Sichtbar ist eine Rötung der Ohrmuschel und das Ohrsekret kann eine kaffeesatz-ähnliche Optik annehmen. Bei wiederkehrenden Ohrentzündungen, die sich auf die klassische Art nicht zufriedenstellend behandeln lassen, ist also immer auch eine Allergie in Betracht zu ziehen.
Leckt oder knabbert ein Tier häufig an den Pfoten, kann dies auf eine allergische Reaktion hindeuten. Oft sind die betroffenen Stellen gerötet oder sogar geschwollen. Bei Hunden mit hellem Fell kann dieses Lecken durch eine rötliche Fellverfärbung auffallen, auch wenn Sie Ihren Vierbeiner nicht direkt dabei beobachten können, wie er die Pfoten beleckt. Der Speichel sorgt für eine solche Verfärbung von hellen Haaren und somit kann eine Rötung ein wichtiger Indikator sein.
Welche Rolle spielen Parasiten der Haut?
Die Flohspeichelallergie (FAD) ist eine der häufigsten allergischen Hauterkrankungen bei Hunden und Katzen. Dabei reagiert das Immunsystem überempfindlich auf den Speichel von Flöhen. Schon ein einziger Flohbiss kann starken Juckreiz, Rötungen und Entzündungen auslösen – oft auch dann, wenn keine weiteren Flöhe sichtbar sind. Typische Anzeichen sind intensives Kratzen, insbesondere an der Rückenpartie und am Schwanzansatz, sowie haarlose oder verkrustete Stellen.
Atopische Dermatitis
Die atopische Dermatitis ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die bei Hunden und Katzen vor allem im jungen bis mittleren Alter auftritt. Sie beruht auf einer Überempfindlichkeitsreaktion gegenüber Umweltallergenen wie Pollen, Hausstaub-milben oder Schimmelsporen. Klinisch äußert sich die Erkrankung durch anhaltenden Juckreiz, Rötungen, Hautverdickungen und sekundäre Hautinfektionen. Die Diagnose erfolgt anhand der Anamnese, des klinischen Bildes und dem Ausschluss anderer Ursachen, wie die bereits erwähnten Parasiten oder auch bakterielle oder durch Pilze bedingte Hautinfektionen. Die Behandlung zielt auf eine langfristige Kontrolle der Symptome ab und umfasst Allergenmanagement, symptomatische Therapie (Juckreizlinderung, Verschluss der Hautbarriere, Behandlung der Entzündung) sowie gegebenenfalls eine allergenspezifische Immuntherapie, welche aus der Humanmedizin auch als Hypo- oder Desensibilisierung bekannt ist. Dabei wird dem Tier das zuvor über eine Blutuntersuchung identifizierte Allergen über einen längeren Zeitraum zunächst in steigender, dann gleichbleibender Dosierung injiziert. Ziel ist es, das Immunsystem schrittweise an das Allergen zu gewöhnen und die überschießende Reaktion zu reduzieren.
Diese Therapieform ist aktuell die einzige ursächliche Behandlung der atopischen Dermatitis, die direkt auf die Krankheitsmechanismen einwirkt, und hat bei vielen Tieren eine gute Erfolgsquote – insbesondere, wenn sie frühzeitig begonnen wird und das Tier keine zusätzlichen Allergien hat.
Welche Tiere sind besonders von einer Allergie betroffen?
Grundsätzlich kann jedes Tier eine Allergie entwickeln, doch einige werden uns besonders häufig aufgrund dieser Symptomatik vorgestellt. Hunde und Katzen sind am häufigsten betroffen, wobei bestimmte Rassen ein höheres Risiko haben. Dazu gehören z. B. Französische Bulldoggen, Labrador Retriever, West Highland White Terrier oder Siamkatzen.
Auch junge Tiere können bereits erste Symptome zeigen, da Allergien meist schon in den ersten Lebensjahren auftreten. Zudem können Tiere mit empfindlicher oder bereits vorgeschädigter Haut schneller allergische Reaktionen entwickeln.
Diagnostik & Behandlung von Allergien:
Um eine Hautallergie erfolgreich zu behandeln, muss zunächst die Ursache gefunden werden. Die Diagnose kann herausfordernd sein, da sich Allergien oft in ähnlichen Symptomen äußern. Wichtig ist eine genaue Anamnese und präzise Diagnostik, um den Leidensdruck einer Allergie schnell und gezielt angehen zu können. Hierfür stehen uns einige Methoden zur Verfügung:
- Auschlussdiagnostik: Zunächst werden andere Hauterkrankungen wie Parasitenbefall (z. B. Milben, Flöhe) oder Pilzinfektionen ausgeschlossen. Dazu gehören Hautgeschabsel, Abklatschproben und deren mikroskopische Untersuchungen.
- Eliminationsdiät: Wenn der Verdacht auf eine Futtermittelallergie besteht, kann eine spezielle Ausschlussdiät helfen. Dabei erhält das Tier über mehrere Wochen ausschließlich eine gut verträgliche Eiweißquelle. Zeigt sich eine Besserung, wird schrittweise getestet, welche Futtermittel die Reaktion auslösen.
- Bluttests: Ein serologischer Allergietest kann bestimmte Antikörper gegen Umweltallergene (z. B. Pollen, Hausstaubmilben) im Blut nachweisen. Da das Tier aber bei jeder Art von Auseinandersetzung mit einem Allergen Antikörper bildet ist diese Methode nicht immer vollständig beweisend für das Vorhandensein einer tatsächlichen Allergie. Ergänzend kann er zur Ausschlussdiagnostik aber sehr hilfreich sein.
- Intrakutantest (Hauttest): Der Intrakutantest ist die genaueste Methode zur Diagnose einer Umweltallergie (Atopie). Dabei werden verschiedene Allergene in die Haut injiziert, um zu beobachten, welche Reaktionen auftreten. Ist der Test auf ein Allergen positiv, zeigt sich an der Stelle eine kleine Erhabenheit oder Rötung der Haut. Diese Methode ist auch beim Menschen bekannt und wird da auch als Prick-Test bezeichnet.
Ihr Tier zeigt Anzeichen einer Allergie oder Sie haben bereits einen konkreten Verdacht? Vereinbaren Sie gerne einen Termin – wir beraten Sie umfassend und werden Ihr Tier genaustens untersuchen.